Erneut scheiterte ein Gesetz der ehemaligen schwarz-gelben Landesregierung vor dem Verfassungsgerichtshof. „Die Regierung Rüttgers wollte auch bei der Abrechnung der Lasten der Deutschen Einheit die Städte und Gemeinden in NRW ein weiteres Mal über den Tisch ziehen. Es ist sehr gut, dass dieser Griff in die Kassen der Kommunen durch die höchsten Richter des Landes gestoppt wurde.“ Der Vorsitzende der SPD-Kommunalen in NRW (SGK), Gelsenkirchens OB Frank Baranowski, ist ebenso wie der Möhneseer SPD-Fraktionsvorsitzende, Gerhard Bruschke, erfreut über das heutige Urteil des Verfassungsgerichtshofes (VGH) in Münster.
91 Städte und Gemeinden – darunter auch die Gemeinde Möhnesee – hatten Verfassungsbeschwerde gegen das Einheitslastenabrechnungsgesetz (ELAG) eingereicht und bekamen heute durch die höchsten Richter des Landes Recht. Das Gesetz war noch unter der Regierung von Jürgen Rüttgers (CDU) gemeinsam mit dem damaligen Innenminister Wolf (FDP) im Jahr 2010 auf den Weg gebracht worden und ist für die SPD-Vertreter ein erneuter Beleg der Kommunalfeindlichkeit von CDU und FDP.
In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. Bertrams aus: „Die neue Einheitslastendefinition des Einheitslastenabrechnungsgesetzes verletzt die kommunale Finanzausstattungsgarantie, weil den Kommunen dadurch Mittel entzogen werden, die ihnen kraft Bundesrechts zustehen“.
CDU und FDP wollten die Deutsche Einheit 20 Jahre nach ihrer Vollendung „wegrechnen“, um so etwaigen Zahlungsverpflichtungen des Landes an die Kommunen zu entgehen. Obwohl damals bereits alle Experten vor diesem „Rechentrick“ gewarnt hatten, setzten CDU und FDP das Gesetz gegen die Stimmen der Opposition durch.
Allerdings hatte die rot-grüne Landesregierung bereits vorgesorgt: Im Nachtragshaushalt 2010 war eine Rückstellung in Höhe von 375 Mio. Euro gebildet worden. Allerdings wurde diese finanzielle Vorsorge durch die CDU, nachdem sie wieder in der Opposition war, durch ihre Klage gegen den Nachtragshaushalt zu Fall gebracht.
Diese Strategie zeigt nach Auffassung der SPD die Doppelzüngigkeit von CDU und FDP, wenn sie über die Verschuldung des Landes schwadronierten: „CDU und FDP legen zuerst die Brände und hindern dann noch die Feuerwehr am Löschen“, beschreiben Baranowski und Bruschke die Politik von CDU und FDP in dieser Frage.
„Ich gehe davon aus, dass Auswirkungen des Urteils von der neuen Landesregierung umgesetzt werden müssen. Eine Überforderung der Kommunen dürfte jetzt aber ausgeschlossen sein“, so Fraktionschef Bruschke abschließend.
Allerdings lässt das Verfahren auch Rückschlüsse auf die Wahlkampfaussagen der CDU im jetzigen Landtagswahlkampf zu. Die Ankündigung eines offensichtlich völlig überforderten Norbert Röttgen, er wolle 1,6 Milliarden Euro einsparen, gewinnt damit neue Brisanz. Auch wenn er in verschiedenen Interviews nicht in der Lage war, diese Aussage zu konkretisieren ist zu vermuten, dass dies (wenn überhaupt rechnerisch möglich) wieder zu Lasten der Kommunen umgesetzt werden sollte.