18.04.17: Fragestellung des Ratsbürgerentscheids unrichtig

Der vom Rat beschlossene Bürgerentscheid am 14.05.2017 beschert dem Bürger eine Fragestellung, die das eigentliche Kernproblem – nämlich den Abriss des Haus des Gastes – bewusst umgeht. Die SPD hat sich daher noch einmal mit einem Schreiben an den Rat gewandt und eine neuerliche Befassung mit dieser Thematik beantragt.

Hier der Text des Schreibens:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

der Ratsbürgerentscheid ist für den 14.05.2017 vorgesehen. Zwischenzeitlich haben Sie ja Stellungnahmen der Kommunalaufsicht beim Kreis Soest und des Städte- und Gemeindebundes eingeholt. Während man die Stellungnahme der Kommunalaufsicht getrost beiseitelegen kann, ist eine Beschäftigung mit der Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes durchaus angebracht. Allerdings nicht in der Weise, wie Sie es gegenüber dem Bürger Tadday ausgedrückt haben.

Nach Ihrem Schreiben vom 06.04.2017 an Herrn Tadday halten Sie ja als Ergebnis Ihrer Überprüfung fest, dass die gesetzlichen Vorgaben an die Formulierung der zur Entscheidung zu bringenden Frage nebst Begründung durch den Ratsbeschluss vom 16.02.2017 erfüllt wurden. Eine Begründung für diese Einschätzung liefern Sie leider nicht, obwohl die Stellungnahme des StGB dazu Anlass gegeben hätte.

Es erscheint uns daher wichtig, dass sich auch der Rat noch einmal mit der rechtlichen Einstufung des Ratsbürgerentscheids beschäftigt, zumal bei einer falschen oder unklaren Fragestellung möglicherweise weitere Kosten auf die Gemeinde zukommen.

Nach Ansicht der SPD-Fraktion hat sich der StGB sachlich und zielgerichtet und vor allem auch für Nichtjuristen verständlich geäußert. Für uns von Bedeutung sind die Kernaussagen, die ich nachstehend zitiere:

„So muss in einem Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage eindeutig und aus sich heraus verständlich formuliert sein und einen vollziehbaren Inhalt besitzen.“

und

Vielmehr muss die Frage des Bürgerbegehrens bzw. die Frage des Bürgerentscheids hinreichend bestimmt sein, damit die Personen, die der Frage mit JA bzw. NEIN stimmen, auch genau abschätzen können, wofür sie stimmen.“

Genau dieses ist auch der Ansatz der SPD-Fraktion, zumal auch die Rechtsprechung großen Wert auf Klarheit legt. Danach kann nur eine eindeutige Umschreibung des Entscheidungsgegenstandes gewährleisten, dass beispielsweise auch die nicht so gut informierten, aber zur Abstimmung aufgerufenen Bürgerinnen und Bürger außerhalb des Zentralortes wissen, worum es eigentlich geht. Da allein mit dem allgemeinen Begriff der „Einzelhandelsentwicklung“ durchaus unterschiedliche bauliche Nutzungen verbunden sein können und nicht nur wie hier unterstellt der Abriss des Haus des Gastes, ist schon eine hinreichend präzise Eingrenzung des Entscheidungsgegenstandes unverzichtbar.

Aus unserer Sicht fragwürdig ist daher der unterstrichene Teil in dem folgenden Zitat, den die Abrissfraktion aufgreifen könnte:

„Wenn es also für die Bürgerschaft bei der geplanten Abstimmung von Relevanz ist, ob das Haus des Gastes erhalten bleibt oder abgerissen werden muss, sollte dies unserer Einschätzung nach auch eindeutig in der Frage, oder zumindest in der Begründung dazu, zum Ausdruck kommen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man dies der Fragestellung jedenfalls nicht eindeutig entnehmen.“

Das vorstehende Zitat muss im Kontext zu den vorhergehenden Ausführungen gesehen werden. Es darf nach unserer Einschätzung nicht so sein, dass man z.B. in der Frage die Einzelhandelsentwicklung anspricht und in der Begründung in einem Halbsatz ergänzt, dass auch ein Abriss des Haus des Gastes in Frage kommen könnte. Vielmehr muss die Frage im Ratsbürgerentscheid eindeutig und aus sich heraus verständlich formuliert sein und einen nachvollziehbaren Inhalt besitzen.

Sehr interessant sind auch die folgenden Ausführungen des StGB:

„Sinn und Zweck des Ratsbürgerentscheides sollte es immer sein, streitige Angelegenheiten der Bürgerschaft zur Entscheidung vorzulegen, damit anschließend eine Befriedung in der Gemeinde eintritt (vgl. Brunner, in: Kleerbaum/Palmen (Hrsg.), GO Kommentar, § 26, Zif. II 2, S. 276). Dagegen sollte ein Bürgerentscheid nicht hinterher zu der Frage führen, ob jetzt das Gebäude abgerissen werden darf oder nicht, wenn ein Teil der Bürgerschaft die Meinung vertritt, dass von einem Abriss in der Fragestellung ja gar nicht die Rede war.“

Dieses Zitat gibt das Dilemma unseres Verfahrens eindeutig wider, denn mit der beschlossenen Fragestellung ist nicht klar, worum es eigentlich geht. So könnten viele Bürger später sagen, dass sie zwar für eine Entwicklung des Einzelhandels gestimmt haben, aber nicht für einen Abriss des Haus des Gastes. Das schafft neue Feindschaften, ist nicht Sinn eines Bürgerentscheids und darf nicht sein.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der StGB in seiner Stellungnahme für jedermann verständlich geschildert und begründet hat, dass die Frage in einem Bürgerbegehren oder Ratsbürgerentscheid eindeutig und aus sich heraus verständlich formuliert sein und einen nachvollziehbaren Inhalt besitzen muss. Das ist hier nach Auffassung der SPD-Fraktion erkennbar nicht der Fall.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Begründung des Ratsbürgerentscheids ganz offensichtlich fehlerhaft ist. Dort wird suggeriert, dass die Gemeinde Eigentümer des ehemaligen Nettomarktes ist. Das ist grob unrichtig und führt unsere Bürgerinnen und Bürger wiederum auf eine völlig falsche Spur.

Nach Auffassung der SPD-Fraktion hätten Sie als Bürgermeister den Ratsbeschluss beanstanden müssen, da er ersichtlich gegen geltendes Recht verstößt. Aus Ihrer Stellungnahme gegenüber Herrn Tadday schließen wir jedoch, dass Sie dieser Pflicht nicht nachkommen wollen.

Da nicht auszuschließen ist, dass der Ratsbürgerentscheid vor dem Verwaltungsgericht angegriffen wird oder zumindest wegen der unklaren Fragestellung – die nach unserer Einschätzung nur zur Irreführung unserer Bürgerinnen und Bürger und ohne die Beteiligung der SPD so formuliert wurde – ein weiterer Bürgerentscheid notwendig wird, sollte sich auch der Rat noch einmal mit der Thematik beschäftigen. Es ist allemal besser, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen, anstatt einen langwierigen und kostenträchtigen Rechtsstreit zu provozieren.

Die SPD beantragt daher,

den Punkt Ratsbürgerentscheid noch einmal im Rat zu diskutieren und zur Abstimmung zu bringen.“