Nein zum Bücherbus – Ja zu aktueller Leseförderung!

Schaut man sich die Berichterstattung an könnte man zum Schluss kommen: Der Bücherbus spaltet den Kreis Soest. Nimmt man dann aber die Fakten zur Hand sieht man, dass dem gar nicht so sein kann: 1.500 Nutzer im gesamten Kreisgebiet1 und damit eine Nutzungsquote von gerade einmal 0,5%, konnte der Bus zuletzt vorweisen. Auch wenn man die 11.000 Unterschriften2 zur Basis nimmt (Quote 3,67%), kann man bei weiten nicht von einer Spaltung sprechen. Die Zahlen zeigen hingegen, dass der Bedarf für den Bücherbus einfach nicht mehr so groß ist, wie es früher mal der Fall war. Dieses Geld, immerhin bis zu 8 Millionen Euro3, kann man deutlich effektiver nutzen, in dem es von den Kommunen vor Ort eingesetzt wird. Denn vor Ort weiß man doch viel besser, welchen Bedarf an Förderung und Ausstattung es gibt und kann so individuelle Lösungen anbieten. Das „Schema F“, welches der Bücherbus darstellt, ist schlicht aus einer anderen Zeit.

Die Initiative “Robin Book e.V“ führt für die Bedeutsamkeit des Busses folgendes an: „Mindestens 50% der Nutzer des Busses seien Kinder gewesen.“4 Die getroffene Schlussfolgerung ist unserer Meinung nach die falsche. Die Antwort auf diese Feststellung ist nicht ein neuer Bus, sondern eine exzellente Ausstattung von Schulen. Die geringe Nutzerquote zeigt, dass das bloße Angebot in diesem Fall nicht die Nachfrage schafft.

Die geringe Nutzung des Bücherbusses rührt vielleicht daher, dass unser Kreisgebiet mit über 30 Büchereien (eigene Recherche, exklusive der Büchereien in Schulen) sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Gebieten, gut ausgestattet ist. Diese bestehenden Büchereien können mit dem an einem neuen Bücherbus gesparten Geld zusätzlich in Ausstattung und Förderprogrammen gestärkt werden.

Ferner führen die Befürworter an, dass die andere Hälfte der Nutzer fast komplett aus älteren Menschen bestehe. Auch hier gibt es aus unserer Sicht bessere Möglichkeiten, als die Anschaffung eines neuen Busses. Denn auch die Senioren entdecken immer häufiger die digitale Welt und das auch mit Hilfe der Jugendlichen.5 Wenn man das Engagement der Jugendlichen mit der Möglichkeit, die Bücher online zu leihen knüpft, hat man nicht nur die Senioren zum Buch und in die digitale Welt gebracht, sondern bietet beiden Generationen wertvolle Erfahrungen. Außerdem wäre so den von der Linken gewünschten Computerkursen im Bus6 Rechnung getragen. Für die ebenfalls von der Linken geforderten Leistungen der Kreisverwaltung im Bus – wir nehmen verwalterischer Art an, da nicht näher spezifiziert – wäre es auch bedeutend sinnvoller, man fände eine digitale Lösung. Das würde nicht nur Senioren, sondern auch allen Berufstätigen helfen, denen sonst die Zeit für den Gang zum Amt fehlt.

Beim Thema Leseförderung ist es notwendig, dass wir uns nicht auf Schulkinder versteifen. Denn das Interesse der Kinder am Lesen muss bereits im Kindergartenalter geweckt werden. So kann sichergestellt werden, dass die Kinder die Vorläuferfähigkeiten zum Lesen und Schreiben erlernen und in der Schule wenig Schwierigkeiten mit dem Schulstoff bekommen. Damit das Lesen für die Kinder interessant wird und diese Fähigkeiten erlernt werden, muss es Bestandteil des Alltags sein und ein monatlicher Zugriff auf Bücher reicht aus unserer Sicht nicht aus.

Die angesprochenen Vorläuferfähigkeiten sind zum Beispiel phonologische wie Reimen, Silben segmentieren, Laute aus Wörtern heraushören, aber auch eine gute auditive Merkfähigkeit und Differenzierung. Auch die vorschulisch erreichte Geschwindigkeit beim Zugriff auf das mentale Lexikon im Langzeitgedächtnis beeinflusst die spätere Lesegeschwindigkeit. Diese Förderung darf nicht außer Acht gelassen werden, sondern ist von besonderer Bedeutung für den weiteren Bildungsweg. Büchereien und Kindergärten können hier eine wichtige Rolle spielen, in denen besondere Programme für diese Altersgruppe angeboten werden. Aber auch Ärzte sind hier in der Pflicht, Schwierigkeiten bei Kindern zu erkennen und diese an Logopäden weiterzuleiten.

Es muss in Zusammenarbeit der Schulen, Kindergärten und Büchereien ein Angebot geschaffen werden, dass den Kindern Spaß am Lesen vermittelt. Förderlich wäre es auch, wenn die Schulen mit Lizenzen für digitale Inhalte und die Schüler mit entsprechenden Devices ausgestattet wären, sodass man zusätzlich zur Leseförderung gleich die digitale Bildung mitbedienen könnte. Da hinken wir in Deutschland nämlich hinterher.7 Deshalb sagen wir “Ja” zu moderner, zeitgemäßer Leseförderung und “Nein” zu einem neuen Bücherbus.


Quellen:

1) https://www.soester-anzeiger.de/lokales/kreis-soest/gerade-weil-ihnen-lesefoerderung-liegt-wollen-soester-buecherbus-aufgeben-geld-gezielt-einsetzen-10148049.html

2 und 4)  https://www.soester-anzeiger.de/lokales/werl/buergerentscheid-kreis-soest-initiative-robin-book-wirbt-werl-buecherbus-10129456.html

3) https://www.soester-anzeiger.de/lokales/werl/kosten-waeren-viel-hoch-werler-spricht-sich-gegen-buecherbus-kreis-soest-10144030.html

5)  https://www.zeit.de/2016/07/senioren-technik-ipad-kurs-kinderzeit

6) https://www.facebook.com/die.linke.kreis.soest/photos/a.647301758649533/1908382555874774/?type=3&theater

7) https://www.tagesspiegel.de/wissen/expertise-zu-digitaler-bildung-deutschlands-schulen-sind-digital-abgehaengt/20327506.html